Festival Europäische Kirchenmusik 2005

Gemeindegottesdienst innerhalb des Kirchenmusik-Festivals


Die Bitte um Frieden darf nicht verstummen

Der Gemeindegottesdienst "Da pacem Domine" innerhalb der EKM 2005 unterstrich in jedem Detail, was Eucharistie als Danksagung bedeutet. Zugleich wies KMD Hubert Beck mit seiner eindrucksvollen und umsichtigen Auswahl der Musik den eigentlichen Ort aller Kirchenmusik aus: das liturgische Feiern. Themenbezogen hatte der Friede als letztlich siegender Überwinder des Krieges seinen stillen bis überwältigenden Triumph.

Festliches Gepräge


Das Blechbläserensemble Hans-Peter Buck (je zwei Trompeten, Posaunen und Pauken) und Münsterorganist Stephan Beck gaben dem Introitus sogleich festliches Gepräge mit Richard Strauss' "Solemn Entry": Musik ist nicht eben nur Rahmen, sondern selbst Teil der Liturgie. Die Gemeinde wurde mit Gotteslob-Gesängen angemessen einbezogen, von Orgel und Bläsern variiert unterstützt. Stephan Beck begleitete die Gemeinde und den Philharmonischen Chor nicht nur erwartungsgemäß sensibel; gleiches gilt für sein vorzügliches Solospiel und die Improvisationen, die gehaltvoll die Gesänge einleiteten. Herauszuheben ist auch die gelungene Möglichkeit der Kontemplation bei der Gabenbereitung ("Voix celeste" von Jean Alain) vor der Danksagung (Improvisation) und beim Nachspiel (Jehan Alains berühmte "Litanies").

Ansonsten überboten sich die Darbietungen des Philharmonischen Chores an Festlichkeit und Ausdruck: im " Kyrie"Langlais) als Anrufung des Kyrios mit "ewiger" Fermate, im Gloria (Simone Candotto) mit einem wunderbar weichen Kontrast des "Et in terra pax" zum Glanz der Lobpreis-Teile (Orgel+Bläser). Der Zwischengesang gehörte den Bläsern mit einer liturgisch zugeordneten Canzone Frescobaldis, der auffordernden Orgelüberleitung zum Halleluja und der Antwort im Satz Anton Bruckners (die Bläserfundamentiert durch das Pedal der Orgel). Das Credo (Arvo Pärt) schien in seiner zeilenweise strukturierten Text-Komposition viel leichter als die Partitur zu bewältigen ist. Ständig muss quasi neu angesetzt werden, was die Intonationsanforderungen deutlich erschwert. In Aussage und Form ein typisch sehr schöner Pärt. Der Sanctus­Gemeindegesang erfuhr in Christi an Gregors Vertonung des "Hosianna" die potenzierte Erweiterung. Der Danksagung ging Johann Pachelbels doppelchörige Motette der Herr ist König" voraus, wobei die Blechbläser den zweiten Chor übernahmen.

In sich stimmiger Gottesdienst

Selten habe ich einen so festlichen und in sich stimmigen Gottesdienst mitfeiern dürfen. Münsterpfarrer Robert Kloker wies zu Recht auf die ungeheure Mühe und den Aufwand hin: KMD Hubert Beck hatte die reinste Forschungsarbeit betrieben, so vielgestaltig die Teile von Ordinarium und Proprium auszusuchen und zueinander zu fügen. Die stilistische und Wirkungsbandbreite waren so überwältigend, dass den Mitwirkenden für ihr prächtiges Musizieren ebenso herzlich applaudiert wurde wie dem Organisten für sein packendes Spiel.  In seiner ausgezeichneten Predigt nahm Münsterpfarrer Robert Kloker als Vorsteher der Liturgie das Evangelium der beiden Matthäus-Gleichnisse von Schatz und Perle als Sinnbild des Himmelreiches auf: Wenn Menschen etwas suchen/gefunden haben, versagt oft der Verstand, tut man verrückte Dinge und setzt alles auf eine Karte. Wenn einer verliebt ist, wird das Leben von Grund auf verändert. Alles wird in den Schatz/die Perle investiert. Seitheriges wird bedeutungslos angesichts der Wichtigkeit des wertvollen Fundes.

Evangelium mahnt zu vollem Einsatz


Und unser Verhalten? Ein Gradmesser sind die Reaktionen anderer darauf. Sind nicht viele eher angesteckt von kirchlichen Minderwertigkeitskomplexen, oder strahlen wir Freude aus? Geht der "moderne Kaufmann" nicht schnell zur Tagesordnung über? Verliert dadurch die Botschaft vom Himmelreich nicht ihren Glanz? Das Evangelium mahnt zu vollem Einsatz gegen alle Halbherzigkeit. Der biblische Kaufmann ist auf der Suche. Der Schatz im Glauben will neu entdeckt werden: Da pacem Domine (Gib Frieden, Herr!). Gewalt hält die Welt in Atem. Diese schreit nach Frieden, Gerechtigkeit, Liebe. Die Bitte um Frieden auf unseren Lippen darf nicht verstummen. Der EKM-Gottesdienst ermutigte dazu:

einfach ansteckend!


Peter Skobowsky