Verdi-Requiem in der Klosterkirche in Zwiefalten
Beeindruckende Aufführung von Verdis Requiem mit der Württembergischen Philharmonie im Münster
Hochdramatische Gestaltung der Totenmesse
ZWIEFALTEN. Grandios, mit welch gewaltiger Klangintensität die Sängerinnen und Sänger des Philharmonischen Chors Schwäbisch Gmünd gemeinsam mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen und einem wie aus einem Guss agierenden Solistenquartett unter der Leitung des Gründers dieses Chores, Kirchenmusikdirektor Hubert Beck, den immensen Raum des Zwiefaltener Münsters bei der Gestaltung des Requiems von Giuseppe Verdi füllten.
Beck kennt die spezifischen Schallphänomene dieser Kirche und er versteht es, seine Musiker, immer dynamisch fein dosiert auf die Besonderheiten des Nachhalls achtend, zur strahlend klangfarbigen oder auch düster gedämpft tönenden Gesamtgestaltung zu motivieren.
Dabei wird er der Komplexität des Verdi'schen Messe-Werkes auf hohem Niveau gerecht. So verlangte er präzis abgestimmte Fugati (Libera me), suggestiv nach Gebetsgemurmel klingendes Piano, agitativ temperamentvolles, klar artikuliertes Forte (Dies irae) und nicht zuletzt auch italienische Belcanto-Passagen von seinen versiert und spontan reagierenden Chormitgliedern.
Klangschöne Darstellung
Er konnte sich nicht nur auf seinen Chor, sondern auch auf das Reutlinger Orchester verlassen, das ohne Fehl und Tadel ausnehmend klangschön spielte und es auch in den Ferntrompeten nicht an rhythmischer Akkuratesse fehlen ließ.
Und die Solisten? Die Sopranistin Angelina Ruzzafante intonierte hauchzart mit silbrigem Glanz im »Libera me«, wusste sich darüber hinaus in den dramatischen Phasen über Chor und Orchester zu erheben und zeigte ihre einfühlsame Stimmführung bestechend in den Duettphasen mit der Mezzosopranistin. (»Recordare, Jesu pie«).
Daniela Sindram ihrerseits meisterte ihre Parts mit schneidender Dramatik und großer, raumgreifender Stimme. Das »Lux aeterna« sang sie mit so himmlischem Ausdruck, dass ein Stück Verdi-Oper stimmig einfloss.
Kurzfristig eingesprungen war der Tenorsänger Xavier Moreno für den erkrankten Kollegen. Er gestaltete seine Partien ohne Pathos, indem er klar und schlank blieb. Auch der Bassist, Liang Li trug mit seinen wunderschön ausgesungenen Melodiebögen zur Einheitlichkeit des Solistenquartetts bei.
Was die Zuhörer hier wohl berührt haben dürfte, ist die undefinierbare Symbiose von Wehmut, Glaubenskraft, Zuversicht, Erschrecken und Trost - vermittelt und bewusst gemacht durch Hubert Beck und die hervorragenden Ausführenden. (elk)
Reutlinger Generalanzeiger vom 23.09.2008
Verdis Requiem geht allen Zuhörern unter die Haut
Zwiefalten (tz) - Mit dem Philharmonischen Chor Schwäbisch Gmünd und der Württembergischen Philharmonie Reutlingen hat Kirchenmusikdirektor Hubert Beck Verdis "Messa da Requiem" zu einem Konzertereignis von seltener Dichte gestaltet. Ein Internationales Solistenquartett setzte sängerische Glanz-punkte.
Die "Messa da Requiem" ist Verdis erste kirchenmusikalische Komposition, die er im Alter von 60 Jahren geschrieben hat. Sie entstand in zeitlicher Nähe zu "Aida" und war Alessandro Manzoni gewidmet, der als bedeutendste Persönlichkeit der Literatur im 19. Jahrhundert in Italien galt. So enstand ein ungewöhnliches Werk, weder Oper, noch strenge Messkomposition, die zugleich Triumph und Widerspruch erregte. Verdi hat den liturgischen Text in spürbarer Ergriffenheit in eine unermessliche Vielfalt von Klangfarben umgesetzt, wie sie nur von überragenden Solisten, Chören und Orchestern in solcher Dichte wiedergegeben werden können, wie Hubert Beck es in Zwiefalten gelungen ist.
Ausdruckstarke Momente
Angelina Ruzzafante bestach durch ihren in allen Lagen strahlenden Sopran und die Brillanz der vielschichtigen Kadenzen. Daniela Sindram (Mezzosopran) gestaltete ihren umfangreichen Part mit Wärme, innerer Leidenschaft und zarten Passagen. Xavier Moreno (Tenor) aus Spanien füllte seine Soli in großem Tonumfang mit lyrischen und ausdrucksstarken Momenten, während der aus China stammende Bassist Liang Li mit seiner majestätischen Klangfülle begeisterte.
Mit einem außergewöhnlich zarten, fast entrückt wirkenden Pianissimo ließ Hubert Beck die Celli in die Welt des "Requiem aeternam" einführen. Nur das "Te decet Hymnus" als Loblied auf Zion durfte das Münster mit aufsteigendem Klang erfüllen. Von aufrüttelnder instrumentaler und sängerischer Kraft und Dimension waren weite Teile der Sequenz "Dies Irae" geprägt, die am stärksten differenziert ein Drittel des Gesamtwerks ausmacht. "Quantus tremor" - Welch ein Graus" kleidete Verdi in opulente Klangfülle. Vier einzelne Trompeten künden von der Orgelempore Ende und Gericht der Welt. Dreimal setzte der souverän agierende Chor bedeutsame Akzente mit "Dies irae". Dazwischen erklang mit "Recordare" der beiden Solistinnen ein Duett von berückender Schönheit.
Ebenso einfühlsam das "Lacrymosa dies illa" durch das in sich geschlossen auftretende Solistenquartett. Dezent zurückhaltend begleitete das Orchester, um sich andernorts klangfreudig und farbig zu präsentieren. Bitte und Hoffnung in Verbindung zu Abraham und dem Bannerträger Sankt Michael prägten das Offertorio, wiederum mit den Cellis mit melodiösen Klangfolgen eingeleitet. Im Sanctus wetteiferten majestätische Klänge der Bläser mit dem in zwei eigenständigen Formationen aufgeteiltem herrlich erblühendem Chor, bis zum fast übermächtigen Hosanna in excelsis.
Ehrfürchtige Anbetung, auch im Unisono des Chors, prägte das Agnus Dei, worauf die Communio "Lux aeterna" vom beeindruckenden Solisten-Terzett mit Mezzosopran, Tenor und Bass mit zarten Orchesterregistern geprägt war. Mit strahlenden Passagen im "Libera me" beschloss die Sopranistin eine ungemein dichte Aufführung, die den Zuhörern im voll besetzten Münster unter die Haut ging, als Abschluss und Höhepunkt der Konzertreihe "Geistliche Musik im Münster Zwiefalten 2008".
Schwäbische Zeitung Riedlingen vom 24.09.2008