Rossini und Cherubini in Kloster Zwiefalten
Bericht vom 06.10.2014, Schwäbische Zeitung, Kurt Zieger
Überwältigende Interpretationen
Rossinis „Stabat Mater“ vom Philharmonischen Chor Schwäbisch Gmünd aufgeführt
Zwiefalten ( sz ). Der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd, die Sinfonietta Tübingen und vor allem ein bestens disponiertes internationales Solistenquartett führten die Reihe „Geistliche Musik im Münster Zwiefalten“ mit Rossinis „Stabat Mater“ und „Sciant Gentes“ von Cherubini zu einem überwältigenden Höhepunkt. Das lange Schweigen der Zuhörer vor dem überwältigenden Applaus zeugte von der tiefen Ergriffenheit, die das Konzert mit Tiefgang und Profil prägte.
1831 ließ sich Gioacchino Rossini trotz gesundheitlicher Probleme zur Schaffung eines „Stabat Mater“ überreden. Erst 1842 folgte in Paris die Uraufführung, von Zuhörern bejubelt, von manchen Fachleuten mit kritischen Anmerkungen versehen. Unverkennbar ist die Nähe zu Rossinis Opern in ihrer oft dramatischen Ausgestaltung, doch Leid und Tod bringen auch Menschen an die Grenzen des Erträglichen. Das wohl sollte in den Klagen der „Mater Dolorosa“ wie auch in der jubilierenden Doppelfuge am Schluss des Werkes glaubhaft in Noten gefasst werden.
Stephan Beck hatte mit seinem sowohl ausgleichenden als auch energiegeladenen Dirigat mit dem Philharmonischen Chor Schwäbisch Gmünd, ausgeglichen in Frauen- und Männerstimmen, und der Sinfonietta Tübingen mit sattem Streicherklang und präzise agierenden Bläsern zwei hochwertige Klangkörper zur Interpretation des „Stabat Mater“ an seiner Seite. Das international besetzte Solistenquartett beeindruckte die Zuhörer durch Stimmkultur und Ausdruckskraft, wie sie in so dichter Zusammensetzung selten zu erleben ist.
Jubelarie in höchster Dimension
Celli, dezente Holzbläser und gezupfte Violinpassagen bieten für Chor und Solisten als harmonische Einheit den Einstieg zum Lamento der „Mater dolorosa“, um dem aus Nordspanien kommenden Tenor Joaquin Asiain den Weg zu ebnen für eine Jubelarie bis in extrem hohe Dimensionen. Damit wollte Rossini wohl Schmerz, Qual und Bangen aus dem Reich der Düsternis verbannen. Mühelos füllte danach Mirella Hagen aus Würzburg den hohen Kirchenraum mit ihrer leuchtenden Sopranstimme. Dazu passte im Duett die deutsch-amerikanische Mezzosopranistin Sonja Koppelhuber, die mit viel Wärme ihrer gut verständlichen Stimme den Schmerz Mariens glaubhaft widerspiegeln konnte. Geißeln und Spott, aber auch Trostlosigkeit und Verlassenheit kleidete Bassist Eric Fergusson, in den Vereinigten Staaten geboren und im Windsbacher Knabenchor ausgebildet, in weiche und dramatisch ergreifende Abschnitte bis in extreme Tiefen.
In stimmlicher Geschlossenheit begannen die Männer des Chors das nachfolgende Rezitativ zum Brunn der Liebe. Der Frauenchor führte das Motiv zusammen mit dem Solobassisten weiter, um sich in reinem a cappella-Stil als große Chorgemeinschaft der Liebe Gottes in feinem Piano zu empfehlen.
Unerwartet heiteres Musizieren galt als Hinführung zum Solistenquartett bei „Santa Mater“. Ob solistisch oder im Duett Sopran und Tenor, ob als Zusammenklang von Alt und Bass bis hin zum erhebenden Gesang im Quartett – die Klarheit der Stimmen übten einen faszinierenden Reiz aus, der alle textlich vorgegebene Trauer überströmte.
Mit Wärme und großer Gestaltungskraft intonierte die Mezzosopranistin ihre Cavatine mit unerwartet beachtlichem Stimmumfang als Bekenntnis Mariens, Angst und bitteres Scheiden in Gewinn gewandelt zu verstehen. Dies führte Mirella Hagen in strahlend aufsteigenden Abschnitten weiter als Überzeugung, dass Jesu Kreuz als Gnadenlicht jeden bewachen könne.
Mir demutsvollen, aber auch kräftig angegangenen Passagen bat der Chor, dass die Seele dann den Weg ins ewige Leben finden möge, „wenn mein sterbend Auge bricht“. Mit der überwältigenden Interpretation der umfangreichen kompakten Doppelfuge für Chor und Orchester des vielfältig strukturierten Amen endete das „Stabat mater“, das trotz oft opernhafter Dimensionen durchdrungen war von jener gläubiger Überzeugung, die auch dem eingangs vorgestellten „Sciant gentes“ von Luigi Cherubini spürbar zu eigen war.
Majestätische Klangvielfalt
Wegen der besonders ausgeprägten Rolle des Orchesters auch als „symphonische Motette" bezeichnet, legten Solisten und Chor besonderen Wert auf die Verdeutlichung der Worte des Psalmisten, der in der Vorbereitungszeit auf Ostern auch den Heiden zuruft: „Gott ist der Allerhöchste über alle Welt.“ Im Wechsel von majestätischer Klangvielfalt, anbetenden Sequenzen und üppigem Schwelgen in aufrüttelnden Phasen klingt dieses Werk in feinstem Pianissimo aus.
Langes Schweigen vor dem rauschenden, nicht enden wollendem Beifall zeugte von der Begeisterung der Zuhörer über einen Meilenstein der Reihe „Geistliche Musik im Münster Zwiefalten“.
Bericht vom 07.10.2014, Reutlinger Generalanzeiger, elk
Mitreißende Chormusik
GEISTLICHE MUSIK - Rossini und Cherubini im Münster Zwiefalten
ZWIEFALTEN. Kaum zu fassen, mit welch gewaltiger Klangintensität der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd sowie die Sinfonietta Tübingen gemeinsam mit einem Solistenquartett unter der Leitung von Stephan Beck den immensen Raum des Zwiefalter Münsters füllten. Aufgeführt wurde das »Stabat mater« von Gioacchino Rossini.
Beck kennt die Schallphänomene dieses Kirchenraums und versteht es, seine Musiker fein dosiert zur mal strahlenden, mal düster gedämpften Klanggestaltung zu motivieren. Dabei wird er der Komplexität des Rossini’schen Werkes auf hohem Niveau gerecht. Von seinen Sängern fordert er präzise abgestimmte Fugati, Transparenz in den polyfonen Geflechten, klar artikuliertes Forte und klangschöne Belcantopassagen. Auch auf die Instrumentalisten konnte er sich verlassen, die ohne Fehl und Tadel spielten und es auch an rhythmischer Akkuratesse nicht fehlen ließen.
Zu Beginn der »Geistlichen Musik im Münster« erklang die symphonische Motette »Sciant gentes« von Luigi Cherubini, ein dreisätziges Werk, das über Cherubinis Zeit hinausweist und bereits einen Ausblick auf Verdi zu geben scheint.
Verklingendes Tremolo
Becks Gestaltungsidee lebt von dieser »Verdi-Vision« des Komponisten. Er führt Solisten und Chor fließend in Korrespondenz zum Orchester, erreicht dann im zweiten Satz ein virtuoses Turbato, dominiert vom Bass-Sänger, Eric Fergusson, der alle Register der »wirbelnden Kreise« und der »Spreu vor dem Winde« zu ziehen versteht. Im dritten Satz findet das Solistenquartett ausdrucksstarke Gemeinsamkeit über den zarten Begleitfiguren des Orchesters, dessen Bratschen die Motette mit einem verklingenden Tremolo beenden.
Rossini! Stephan Beck verstand es, seine Zuhörerschaft mitzureißen in das Wechselbad der Empfindungen vom zierlichen »in amando Christus Deum« bis zur Sorge um Gnade im »Gerichte«, über die Demut im Glauben zur Vision des ewigen Paradieses.
Die Sopranistin Mirella Hagen intonierte mit silbrigem Glanz den melodischen Fluss und verstand es genauso, opernartig mit ihrem »inflammatus et accensus« aufzutrumpfen. Die Mezzosopranistin Sonja Koppelhuber meisterte ihre Parts mit schneidender Dramatik und weicher raumgreifender Stimme, wunderschön zu erleben im »Duetto« mit der Sopranistin »Quis est homo qui non fleret«.
Eine tragende Rolle bei Rossini spielt der Tenor. Joaquin Astain erfüllte alle Voraussetzungen. Mit seiner hoch timbrierten, schlanken Stimmführung versteht er es, einerseits »belcanto« zu singen, andererseits höchsten Schmerz zu gestalten. Eric Fergusson, Bass, gelingt es, seine hohe Gesangskunst in den Dienst des dramatischen Ausdrucks von Belehrung, Sensibilität für geistliche Inhalte, Ironie und Zorn zu verbinden.
Ausdrucksstarker Tutti-Klang
Im Vordergrund des Interesses stand wie so oft die Gestaltung der Chöre. Rossini stellt hohe
Anforderungen an seine Chorsängerinnen und -sänger. Der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd wird
diesem Anspruch durchaus gerecht: Voluminöser Tutti-Klang, strahlende Soprane, absolute Einheit in den
Stimmgruppen, Transparenz in den polyfonen Geflechten, ausdrucksstark in Agogik und Dynamik,
temperamentvoll die jeweilige Rolle ausfüllend, sind sie stets konzentriert bereit, dem Dirigat ihres
Leiters Stephan Beck zu folgen.
Besonders eindrucksvoll konnte man das erleben bei den Pizzicato/Staccato-Stellen des Werks.
Kongenial gemeinsam und prägnant prägten sich der Zuhörerschaft die Worte »dum - pen - de - bat«,
»do - nec - e - go« oder etwa am Ende »a - men« ein.
Mit frenetischem Applaus, dargebracht im Stehen, bedankten sich die Zuhörer. (elk)
Bericht vom 07.10.2014, Albbote Münsingen, Waltraud Wolf
Minutenlanger Applaus am Ende
Ergreifend war das Konzert des Philharmonischen Chores Schwäbisch Gmünd, der Sinfonietta Tübingen und der vier Solisten unter der Leitung von Stephan Beck am Sonntag im Münster in Zwiefalten.
Unter der Leitung von Stephan Beck gestalteten der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd, die Sinfonietta Tübingen und die Solisten Eric Fergusson, Joaquin Asiain, Sonja Koppelhuber und Mirella Hagen eine beeindruckende geistliche Musik im Zwiefalter Münster.
Ob kraftvoll und dynamisch oder pianissimo und zurückhaltend, Chor und Orchester beeindruckten in ihrer Interpretation der "Stabat Mater" von Gioacchino Rossini gleichermaßen, faszinierten mit den musikalischen Nuancierungen. Der Chor überzeugte mit seinem exakten Gesang, einer Zwiesprache gleich.
Die vier Solisten Mirella Hagen, Sopran, Sonja Koppelhuber, Mezzosopran, Joaquin Asiain, Tenor, und Eric Fergusson, Bass, schenkten mit ihren Stimmen und deren enormer Ausdruckskraft der Stunde der geistlichen Musik weitere Glanzpunkte in einem Umfeld barocker Pracht. Gerade in den Arien schwang trotz der Dramatik des Geschehens und des Beweinens von Christi Tod durch seine Mutter Maria zeitweise eine eher heitere Stimmung durch. Grandios war dann das große Finale im "Amen", in dem der Chor noch einmal alle Register seines Könnens zog
Minutenlanger Applaus für Chor, Orchester und Solisten und den musikalischen Leiter Stephan Beck waren der Lohn der begeisterten rund 600 Besucher für ein nachhaltig musikalisch-geistliches Erlebnis. Dazu beigetragen hat gleichermaßen die Mottete "Sciant gentes" von Luigi Cherubini, in der gerade auch das hervorragende Orchester glänzte. Schon hier wurde deutlich, wie gut die Musiker, Chor und Solisten die Vorgaben des Komponisten umzusetzen verstanden, kraftvoll majestätisch im ersten Satz, in der Begleitung des Basses im zweiten und in den weit gespannten Melodienbögen und großen dynamischen Gegensätzen im dritten, in denen Cherubini die aufwühlenden Worte des Psalmisten musikalisch umsetzte. Und so wurde das im Psalm beschriebene Beben und Erschüttern des Landes dank der gelungenen Interpretation von Sängern und Orchester selbst im Zwiefalter Münster spürbar.
Waltraud Wolf
Artikel Remszeitung vom 29.11.2014
Reichlich Lorbeeren
Eine Nachlese: Philharmonischer Chor in Zwiefalten
KONZERT (bef). "Langes Schweigen vor dem rauschenden, nicht enden wollendener Beifall zeugte von der Begeisterung der Zuhörerüber einen Meilen stein der Reihe 'Geistliche Musik im Münster Zwiefalten'", so die "Schwäbische Zeitung" zum Konzert des Philharmonischen Chores Schwäbisch Gmünd, der im Oktober unter der Leitung von Stephan Beck zusammen mit der Sinfonietta Tübingen und einem international renommierten Solistenensemble in der berühmten Barockkirche Werke von Rossini und Cherubini aufführte. Nachstehende Ausszüge aus einigen Besprechungen:
Waltraud Wolf von der Lokalredaktion Münsingen der "Südwestpresse" hebt den minutenlangen stehenden Applaus der Zuhörer hervor und schreibt: "Ob kraftvoll und dynamisch oder pianissimo und zurückhaltend, Chor und Orchester beeindruckten in ihrer Interpretation mit den musikalischen Nuancierungen."
Im "Reutlinger Generalanzeiger" ist zu lesen: kaum zu fassen, mit welch gewaltiger Klangintensität der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd sowie die Sinfonietta Tübingen (...) unter der Leitung von Stephan Beck den immensen Raum des Zwiefalter Münsters füllten." Weiter schreibt "elk" über die Gmünder Chorsängerinnen und -sänger: "Voluminöser Tuttiklang, strahlende Soprane, absolute Einheit der Stimmgruppen, Transparenz in den polyfonen Geflechten, ausdrucksstark in Agogik und Dynamik, temperamentvoll die jeweilige Rolle ausfüllend, sind sie stets konzentriert bereit, dem Dirigat ihres Leiters Stephan Beck zu folgen." Für die Sängerinnen und Sänger des Philharmonischen Chores war es eine besonders schöne Überraschung, dass unter den vielen Zuhörern eine große Gruppe von der Seniorenhochschule der PH Schwäbisch Gmünd war, die unter Führung von Professor Dr. Lothar Rother eine Fahrt über die Schwäbische Alb mit dem ergreifenden Konzertbesuch krönten.

Foto: pr