Anton Bruckner, Große Messe d-Moll und Te Deum
Bericht Rems Zeitung vom 29.09.2015
Ausgewogen und präsent in allen Stimmen
Der Philharmonischer Chor führte im Münster Anton Bruckners 1.Messe d-Moll und das Te Deum auf
Selten ist etwas so in sich Stimmiges gelungen wie Anton Bruckners 1. Messe d-Moll und das "Te Deum". Die inhaltliche Umsetzung als musikalische Exegese in theologischer Eindeutigkeit, die chorische und instrumentale Stimmführung, Gesanglichkeit, wunderbare Dynamik.
Konzert (-ry). Dem allem konnte sich die große Hörergemeinde im Heilig-Kreuz-Münster nicht entziehen - zutiefst ergriffen, gab es nach angemessenem Innehalten herzlichen Beifall. Und die Musik klang lange nach. Wer Bernhard Fausers instruktive Einführung in das Bruckner-Konzert des Philharmonischen Chores gelesen hatte, war bestens vorbereitet, um zwei der bedeutendsten Werke romantischer Kirchenmusik in derselben Demut und Dankbarkeit aufzunehmen, wie sie der fromme Anton Bruckner komponiert hatte. In der universalen Sprache der Kirche erlebten die lateinischen Texte des Mess-Ordinariums und des Ambrosianischen Lobgesangs unter Stephan Becks Leitung eine gleichermaßen unaufdringliche wie hinreißende Einlösung.
Gemüt und alle Sinne sind angesprochen
Der Dirigent hatte seinen Philharmonischen Chor bestens einstudiert. Souverän meisterten seine Choristen alle Anforderungen. Was für eine exzellente Dynamik, was für eine tragende Homogenität. Wenn der Eindruck entsteht, als sei das alles gar nicht so schwierig, dann ist das der Beweis für eine gelungene Erarbeitung. Auch die extremen Höhen und Tiefen kamen ohne Druck, alles strömte organisch. Hatten die vorgetragenen Werke höchste Qualität (chorischer und instrumentaler Anspruch, romantische Ästhetik und kontrapunktische Struktur, Reihungen von Linien über Oktaven hinweg – gleich den „Pedaltürmen“ der Königin der Instrumente …), so spornte dies die Ausführenden zu hoher Intensität an.
In der Verbindung beider Prinzipien der Musik (Polyphonie/Fugenform und Homophonie / Sonatenhauptsatzform) hat Bruckner einen uneinholbaren Gipfel erreicht – keine Sackgasse wie bei vielen anderen „Entwicklungen“. Dies der Hörergemeinde zu vermitteln ist mehr als nur Interpretation: Gemüt und alle Sinne sind genauso angesprochen wie die Analyse des mitdenkenden Kenners.
Das erste Kriterium Becks war demzufolge die Treue zur Partitur in allen Belangen. Ganz uneitel hat er ein treffsicheres Gespür für richtige Tempi, auch in Beziehung zum Raum der Aufführung. Und wie wunderbar strömten alle Schlüsse in den weiten Hall des Heilig-Kreuz Münsters. Dabei ging nichts zu Lasten der Stringenz. Der Aufbau der Entwicklungen, die Strahlkraft der (Linien der) hohen Soprane über viele Takte hinweg – das heischte Respekt! Überhaupt zeigte sich der Philharmonische Chor in allen Stimmen natürlich, ausgewogen, präsent.
Es gab nur wenige Stellen, bei denen das Orchester den Chor zudeckte, was in tiefen Chorlagen nicht verwunderlich ist. Auch die Intonation war meist vortrefflich. Die Münsterakustik erleichtert solche Anforderungen eher nicht.
Bruckners „Te Deum laudamus“ ist eines der größten Werke abendländischer Kirchenmusik. Allein die Wucht der Streicherkaskaden zu den gehaltenen Bläserakkorden ist eine Initialzündung sondergleichen mit entsprechendem Aufforderungscharakter für den (noch) einstimmigen Chor. Hier findet das Lob Gottes den mächtigsten Ausdruck bis hin zum krönenden Fugato des „in te Domine speravi“ („auf dich, o Herr, habe ich vertraut“) – beredte Hoffnung des nicht zu Schanden Werdens in Ewigkeit. Das ist erschütternd und lässt angesichts der gewaltigen Musik demütig verstummen.
Wieder einmal vorzügliche Solisten
Feine Agogik strukturierte die Musik. Der Wechsel von Solisten(quartett) und Chor oder das entsprechende Ineinander gelangen beglückend. Überhaupt hatte Stephan Beck wieder einmal hervorragende (junge!) Solisten: Meike Hartmann, Seda Amir-Karayan, Ewandro Stenzowski und Simon Stricker – einzeln und ensemblefähig glänzend: alles ohne Druck, sonor tragend. Stellvertretend sei das heldische Tenorsolo beim „Te Deum“ genannt. Und dann die Tübinger Sinfonietta – erneut in Bestform aller Orchestergattungen, sensibel anpassungsfähig, thematisch dominierend, mit tollen Soli (Konzertmeister und Hornist).
Eineinviertel Stunden konzentriertesten Musizierens zur Ehre Gottes in einem prächtigen Gotteshaus – das muss das Herz erheben. Den Ausführenden gebührt Lob und Anerkennung für einen liturgisch zentrierten Hochgenuss.
Bericht Gmünder Tagespost vom 28.09.2015
Seufzend, bittend, kraftvoll
Bruckners Messe Nr. 1 d-Moll und Te Deum mit dem Philharmonischen Chor Schwäbisch Gmünd
Andächtige Stille nach dem letzten Ton, dann minutenlanger Beifall für den Philharmonischen Chor, die Solisten und die Sinfonietta Tübingen für eine beeindruckende Aufführung im Heilig-KreuzMünster Schwäbisch Gmünd. Unter der Leitung von Stephan Beck erklangen zwei Werke von Anton Bruckner: die Messe in d-Moll und das Te Deum.
Kritik von Beate Krannich
Prächtige Chöre, spannungsvolle Crescendi und wunderbar lyrische Passagen – die beiden geistlichen Kompositionen sind großartige Klangschöpfungen von enormer Ausstrahlung. Und gleichzeitig durchdrungen von tiefer Religiosität, nicht umsonst wurde Bruckner von seinen Anhängern als „gewaltiger Dombaumeister" und „Spielmann Gottes" verehrt. Im Alter von 40 Jahren schuf er die d-Moll Messe als erste von insgesamt drei Messen.
Über weichen Streicherklängen intoniert der Philharmonische Chor seufzend, bittend, dann gesteigert zu kraftvollem Rufen das einleitende Kyrie. Im Gloria entfaltet sich stimmgewaltig der Lobpreis Gottes, jubelnd bewegt erklingt das klangvolle Amen. Die Sinfonietta Tübingen in großer Besetzung glänzt mit orchestraler Fülle, was der häufigen Präsenz der Blechbläser zu verdanken ist: Und überrascht andererseits durch feines kammermusikalisches Zusammenspiel einzelner Bläsersolisten wie Flöte und Klarinette im verhaltenen Agnus Dei, das mit der nach innen gekehrten Friedensbitte Dona nobis pacem endet. Das Te Deum zählt zum Spätwerk Bruckners und hat unter seinen Chorwerken wohl die größte Volkstümlichkeit erworben, was unter anderem daran liegt, dass es der Komponist selbst als Finale seiner 9. Sinfonie vorgeschlagen hat. Es ist kompakter und kürzer angelegt als die vorangegangene Messe. Dem Te Deum liegt ein altkirchlicher lateinischer Hymnus zugrunde, der in der Liturgie der katholischen Kirche seinen Platz in den morgendlichen Stundengebeten hat. Unter dem souveränen Dirigat von Stephan Beck vereinen sich Chor und Instrumente in der musikalischen Ausdeutung dieses alten Textes, der einem Glaubensbekenntnis gleicht. Prächtige Chorunisoni preisen die ewige Herrlichkeit Gottes.
Frisch und lebendig begleitet vom Orchester, das triumphiert im Glanz der Blechbläser, an manchen Stellen aber den Chorgesang überdeckt. Die Solisten des Abends agieren im Te Deum wie in der Messe meist im Ensemble. Meike Hartmann (Sopran), Seda Amir-4 Karayan (Alt), Ewandro Stenzowski (Tenor) und Simon Stricker (Bass) finden zu homogener Klanglichkeit. Wenige Solopartien lassen die Männerstimmen hervortreten. Der Bass gefällt mit warmer Stimme, der Tenor strahlt in seinem Solo Te ergo große Ruhe aus. Im Zusammenspiel mit der lieblichen Solovioline entedä stehen bezaubernde lyrische Momente. Im Kontrast dazu treten immer wieder kraftvolle Chorpassagen, die in der Schlussfuge eindrucksvoll zu ihrem Höhepunkt finden.