Lebendig, dynamisch und glanzvoll
Bericht Rems Zeitung vom 12.12.2017
Zum Ende seines Jubiläumsjahrs führte der Philharmonische Chor
J.S. Bachs Weihnachtsoratorium auf

(Foto edk)
Der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd unter Leitung von Stephan Beck beschloss das Jahr seines 50-jährigen Bestehens mit Bachs Weihnachtsoratorium im ausverkauften Heilig Kreuz-Münster (von Johannes Wittmann)
Konzert."Jauchzet, frohlocket ...", die Worte, mit denen der festliche Eingangschor das Weihnachtsoratorium eröffnet, möchte man nach der eindrucksvollen Aufführung des Werkes am vergangenen Samstag dem philharmonischen Chor und seinem Leiter Stephan Beck zurufen.
Und man würde damit nicht einmal dem Werk des großen Komponisten des Barock, Johann Sebastian Bach gegenüber ein Sakrileg begehen. Denn viele Teile des Oratoriums sind sogenannte Parodien, das heißt, sie sind eigentlich für weltliche Anlässe, also auch z.B. für Jubiläen entstanden und erst später mit geändertem Libretto im Oratorium verwendet worden.
Unterstützt wurden Chor und Solisten bei diesem Konzert von einer bestens disponierten Sinfonietta Tübingen. Chor und Sinfonietta haben inzwischen schon bei vielen großartigen Konzerten gemeinsam musiziert. Man kennt sich also. Dass aber die Aufführung der Kantaten 1 bis 3 und des Schlusschorals des Weihnachtsoratoriums mit großem Bogen gelang, ist darüber hinaus der souveränen Leitung von Stephan Beck zu verdanken.
Gleich zu Beginn in der Eröffnungsmusik der ersten Kantate des Weihnachtsoratoriums - ursprünglich eine Gratulationskantate für die sächsische Fürstin - kündigten sich zügige Tempi an, was keineswegs zu Undeutlichkeiten führte. Im Gegenteil: Erstaunlich textverständlich und ausartikuliert war der Chor zu vernehmen, lebendig, dynamisch in den Chorälen und mit glasklaren Einsätzen im polyphonen Geflecht. Bei der besonders für bewegt vielstimmige Musik des Barock problematischen Akustik des Heilig-Kreuz Münsters ist das nicht selbstverständlich und eine Herausforderung für Dirigent und Ausführende.
Der speziellen Münster Akustik war wohl auch die ungewöhnliche Choraufstellung und die seitliche Platzierung der Gesangssolisten geschuldet.
Das Konzept ging auf: Gut verständlich ab dem ersten Rezitativ, begann der junge Tenor Benjamin Glaubitz mit markant heller Stimme die Heilsgeschichte "Es begab sich aber zu der Zeit" gefolgt von Rezitativ und Arie "Bereite dich Zion", samtweich und gleichwohl konturiert vorgetragen von Anne Greiling. Hier, wie in den folgenden Rezitativen und Arien herrschte dynamische Balance zwischen Gesangssolisten und begleitendem Instrumentalensemble.
Ein weiterer Höhepunkt des ersten Teils des Weihnachtsoratoriums, die Bass-Arie "Großer Herr und starker König", glänzend und temperamentvoll, teilweise sprachlich aber nicht ganz verständlich dargestellt von Padraic Rowan, entstammte ebenfalls der erwähnten Gratulationskantate.
Überraschungseffekt von der Kanzel aus
Beim den ersten Teil abschließenden Choral "Ach mein herzliebes Jesulein" sind in dem nach jeder Chorzeile eingeschobenen Zwischenspielen die drei makellos intonierenden Trompeten zu erwähnen. Auch die Holzbläser, hier die Oboen, deren Zahl sich in der sanft im Siciliano-Rythmus wiegenden , den zweiten Teil eröffnenden Sinfonia auf vier erhöht, bewiesen absolute Intonationssicherheit.
Im zweiten Teil war abermals die Sopranistin Anna Escala zu hören. Sie verkündete "Fürchtet euch nicht" mit wunderbarem glockenhellem Sopran als Engel den Hirten die Geburt Jesu. Sie tat dies nicht aus der erwarteten Position neben den anderen Solisten, sondern - ein dramaturgischer Überraschungseffekt - von der Kanzel aus. Dass dabei die Stimme erstaunlich anders klang, war wohlkalkulierte Intention.
Eine besondere Herausforderung Bach' scher Vokalmusik sind die schnellen, in kleinen Notenwerten gesetzten quasi instrumentalen Linien.
Bei solchen Passagen in schnellem Tempo, wie z.B. in der Tenor-Arie "Frohe Hirten, eilt, ach eilet", oder im Choral "Ehre sei Gott in der Höhe" ist das Entwickeln opernhaft schöner Gesangstöne nicht mehr möglich und höchste Gesangstechnik gefordert. Sowohl Chor, wie auch Solisten haben diese speziellen Anforderungen unter der Führung ihres Dirigenten Stephan Beck glanzvoll gemeistert.
Den Abschluss des Konzerts, bei dem auch die Trompeten noch einmal virtuos brillierten, bildete der das Gesamtwerk abschließende Choral aus der sechsten Kantate "Nun seid ihr wohlgerochen" der den Cantus firmus aus dem ersten Choralsatz des Werkes aufgreift und damit auch inhaltlich klug den Bogen über die Aufführung spannte
Lang anhaltender Applaus vom begeisterten Publikum. Zum Chorjubiläum sei dem Gmünder Konzertpublikum zu wünschen und dem Chor und seinem Dirigenten Stephan Beck zugerufen: ad multos annos!