Freudiges und Festliches zum Jubiläum

Artikel Rems Zeitung vom 17.04.2017 von Reinhard Wagenblast


Der Philharmonische Chor Schwäbisch Gmünd wird 50 und feiert mit Konzert und Festakt am 6. Mai im Stadtgarten


„Es ist immer eine Herausforderung, ein gemischtes Programm zu machen“, sagt Stephan Beck. Der Philharmonische Chor widmet sich der geistlichen und weltlichen Chormusik. Zu seinem 50-Jahr-Jubiläum gibt er ein Konzert, in dem beides vertreten ist.


MUSIK (rw). Überwiegend finden die Konzerte des Philharmonischen Chors im Münster statt. Er steht in der Kirchenmusiktradition, in seinem Repertoire spielen geistliche Werke eine große Rolle. Aber nicht nur – und deshalb führt der Philharmonische Chor sein Jubiläumskonzert im Stadtgarten auf, mit Solisten und der Sinfonietta Tübingen. Anspruchsvolle chorsinfonische Werke aufzuführen, war von Anfang an Ziel des von dem damals 32-jährigen PH-Dozenten Hubert Beck gegründeten Philharmonischen Chors, ein Ziel, dem das große, etwa 70 Mitglieder umfassende Ensemble in all den Jahren treu geblieben ist. Seit 2009 führt Stephan Beck, Sohn von Hubert Beck und profilierter Münsterorganist, den Chor mit neuen Akzenten weiter. Die zwei Pole der geistlichen und weltlichen Chormusik kennzeichnen den Auftritt des Philharmonischen Chors an seinem Jubiläum. Zwei Werke von Johannes Brahms und eines von Felix Mendelssohn-Bartholdy stehen auf dem Programm, die Solistin Diana Haller trägt ein Stück aus der komischen Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“ (1849) von Otto Nicolai vor: die „Ballade vom Jäger Herne“.

Freudig-festlich ist der Charakter des ganzen Konzerts. Am Beginn steht die „Akademische Festouvertüre“ c-Moll op. 80 von Johannes Brahms, das vielleicht populärste Stück des Komponisten, „kunstvoll gemacht und doch leicht zugänglich“, wie Stephan Beck sagt. Brahms verarbeitete darin Studentenlieder – zum Schluss „Gaudeamus igitur“, das kennt heute noch jeder. Die Festouvertüre endet in strahlendem C-Dur, gewissermaßen die Brücke im Programm. In C-Dur ist das folgende „Triumphlied“, ebenfalls von Brahms, gehalten. Der Philharmonische Chor führt die erst 2013 entdeckte „Bremer Fassung“ auf, Stephan Beck erhielt das Notenmaterial. 1871 entstanden, hat das Werk zwar einen historischen und militärischen Anlass – den Sieg Deutschlands über Frankreich –, ihm liegt aber mit dem Text aus der Johannes-Offenbarung ein jubelnder Lobpreis Gottes zugrunde. In einem grandiosen Halleluja findet das doppelchörige Werk einen beeindruckenden Höhe- und Schlusspunkt.

In Zuschnitt und Struktur geeignet für sinfonisches Repertoire

Es folgt die oben erwähnte „Ballade vom Jäger Herne“, und danach wird es richtig dramatisch mit „Die erste Walpurgisnacht“, der Vertonung einer Goethe-Ballade durch Felix Mendelssohn- Bartholdy. Mit der Walpurgisnacht im „Faust“ hat der Text von 1799 freilich nichts zu tun, die Ballade will historisch verstanden sein. Sie beschreibt ein frühmittelalterliches heidnisches Fest, in dem sich Druiden mit Mummenschanz vor christlichem Zugriff schützen. Goethe dachte dabei von vornherein an eine Vertonung als Chorkantate. „Das Stück wird selten aufgeführt, ist aber sehr attraktiv und absolut lohnend“, sagt Stephan Beck. Es nimmt im Werk Mendelssohns eine Sonderstellung ein. Das Werk für drei Solisten, teilweise achtstimmigen Chor und großes Orchester ist außerordentlich kontrastreich. Das Publikum kann im Jubiläumskonzert den Philharmonischen Chor mit seinem sinfonischen Repertoire erleben. Mit seiner Größe und seiner Struktur bietet er sich für Werke des 19. Jahrhunderts an, wobei Stephan Beck daran erinnert, dass für anderes immer Platz ist: Am 9. Dezember singt der Chor im Münster J. S. Bachs „Weihnachtsoratorium“. „Wir haben das Glück, attraktive Sachen zu machen“, sagt der künstlerische Leiter. Hinzu kommt die musikalische Vorprägung der Sängerinnen und Sänger, auch die Pädagogische Hochschule spielt beim Finden von geeignetem Nachwuchs eine Rolle. „Aber wir müssen wie alle Chöre jetzt schauen, dass wir unsere Besetzungen schaffen.“ Im Vergleich zu den Anfangsjahren, -jahrzehnten des Philharmonischen Chors haben sich Gesellschaft und Arbeitswelt stark verändert. Für die Berufstätigen sei es schwerer geworden, fixe Termine einzuhalten. Der Chor probt immer dienstags, man geht eine Bindung von Woche zu Woche ein, die kontinuierliche Mitarbeit ist Voraussetzung. „Wir sind kein Projektchor. Andererseits ist es auch ein schöner Treffpunkt.“ Die Chorgemeinschaft funktioniere, man wächst über die Jahre zusammen, „es gibt keine Vorbehalte zwischen Jungen und Alten“, sagt die organisatorische Leiterin und Vorsitzende Christine Lerchenmüller.
Der Philharmonische Chor ist als Verein organisiert, ihm zur Seite steht der Freundeskreis, der unter anderem zur Finanzierung beiträgt. Eintrittsgelder und Spenden müssen den Aufwand abdecken.

Der Philharmonische Chor ist einer von drei Gmünder Chören, die regelmäßig am Kirchenmusikfestival teilnehmen. In bester Erinnerung ist Glucks Oper „Orfeo ed Euridice“ zusammen mit dem Würzburger Theater im vergangenen Jahr. Neue kulturelle Akzente in Gmünd zu setzen, ist erklärte Absicht.
In all den Jahren hatte man Erfolg, häufig waren Konzerte ausverkauft. „Der Chor hat sein Publikum, aber ein Selbstläufer ist er nicht“, meint Stephan Beck. „Das finanzielle Risiko hat man immer. Jetzt freut man sich am Jubiläum. Nach dem Konzert sprechen OB Richard Arnold und Landrat Klaus Pavel Grußworte, die Ansprache hält Rudolf Böhmler, Vorsitzender des Arbeitskreises Kultur. Er kennt den Chor gut: Er war Gründungsmitglied und bis 1986 organisatorischer Leiter.


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