Arabisch, Deutsch und im Gesang Sopran

Bericht Rems Zeitung vom 19.04.2017


Mira Gayed fühlt sich in beiden Kulturkreisen zu Hause, in Ägypten und in Deutschland, Jetzt singt sie im Philharmonischen Chor.


(bef) Mit dem Vater spricht sie Arabisch, mit Mutter und Großmutter Deutsch, und wenn der größere Familienkreis zusammenkommt, ist Englisch die bevorzugte Sprache: Mira Gayed stammt aus der ägyptischen Hauptstadt Kairo; seit 2014 studiert die junge Frau an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Schwäbisch Gmünd und seit gut einem Jahr singt sie im Sopran des Philharmonischen Chores.

„Manchmal sagt jemand: ´Du hast aber viel Farbe abgekriegt`“, erzählt Mira Gayed, das ist dann aber flapsig-freundschaftlich und nicht etwa rassistisch gemeint. Grundsätzlich fühlt sie sich sehr wohl in Schwäbisch Gmünd, denn „ich fühle mich in beiden Kulturkreisen zuhause!“ Das liegt auch daran, dass sie aus einer christlichen Familie stammt und in Kairo auf einer Deutschen Schule das G-8-Abitur machte. Und inzwischen fließt in ihr tadelloses Deutsch manchmal auch schon ein schwäbischer Ausdruck ein.

Warum Schwäbisch Gmünd? „Ich machte nach dem Abitur Praktika in Ägypten und auch in Deutschland im Bereich Design. Da ich meinen Schwerpunkt auf Produktdesign legen wollte, erstellte ich nach gründlicher Recherche eine Rangliste der Hochschulen, die in Frage kamen, und da war Schwäbisch Gmünd ganz oben. Ich machte die Aufnahmeprüfung und wurde angenommen.“ Der Bereich Produktdesign ist der Tochter eines ägyptischen Architekten wichtig, um Dinge zu formen, die eine brauchbare Funktion haben und der menschlichen Umwelt Struktur und Gehalt verleihen. Dabei sollen der Mensch und dessen Werte im Mittelpunkt des Gestaltungsprozesses stehen. „Mir ist es wichtig, Projekte mit sozialen und gemeinnützigen Absichten zu erarbeiten, um eine Alternative zu umsatzorientierten Herangehensweisen zu ermöglichen.“

Nun wohnt Mira mitten in der Innenstadt in einer polyglotten Sechser-Mädels-WG: man fand sich an der HfG zusammen, die meisten stammen aus der näheren Umgebung, eine aus Leipzig, eine „Erasmus-Studentin“ aus Costa Rica. Und es klappt immer, Neue zu finden, die zur Gruppe passen, wenn die eine oder andere die Wohngemeinschaft verlässt, sei es, weil sie ein Praktikum antritt, sei es, weil sie das Studium abgeschlossen hat. „Die klassischen WG-Probleme mit Putzen und so gibt es bei uns nicht. Wir sind auch nicht so die Party-Typen und genießen gemütliche Abende in der Gemeinschaft und bei Gesprächen miteinander…“ Zwei Freundinnen aus ihrer WG, Sophia Bosch und Judith Rath, nahmen sie 2015 mit in den Philharmonischen Chor Schwäbisch Gmünd, wo sie sich inzwischen sehr wohl fühlt. Die Jüngeren im Chor wurden zu Freundinnen, und besonders gut gefallen ihr die Probenwochenenden. „Und Herr Beck macht das wunderbar!“ Ein besonderes Erlebnis war 2016 die Mitwirkung bei der Opernaufführung von „Orpheus und Eurydike“ im Münster im Rahmen der Europäischen Kirchenmusik, und nun freut sie sich auf das Jubiläumskonzert am 6. Mai im Stadtgarten.

Mira Gayed ist ohnehin musikalisch vorbelastet, sie sang bereits in Kairo in einem Chor, spielt Klavier und Gitarre und lernt an der Städtischen Musikschule auch noch Cello bei Frank Grossmann.
Im Jahr 2018 wird Mira ihr Studium beenden, zunächst aber steht ein Praxissemester an, das sie auf Anregung von Professor Franz Biggel bei der Umweltschutzorganisation „Plant fort he Planet“ machen wird.

Soziales Engagement und Eintreten für den Umweltschutz ist für sie eine Selbstverständlichkeit: Auch ihre Eltern engagieren sich für die Kairoer „Association for the Protection oft he Environment“, eine von der UNESCO unterstützte Organisation, die sich für Umweltschutz und auch Frauenrechte stark macht. So ist es naheliegend, dass Mira in ihrer Bachelorarbeit, die demnächst ansteht, ein Thema wählen will, in dem sie das Prinzip der Nachhaltigkeit und die Arbeit mit Kindern verbinden kann mit dem Ziel, für ein verstärktes Umweltbewusstsein zu sensibilisieren.
Auch im erzieherischen Bereich hat sie schon Erfahrungen gesammelt: Dank ihrer Arabischkenntnisse konnte sie den Kindern zweier syrischer Flüchtlingsfamilien beim Deutschlernen helfen.
Wie und wo es nach Abschluss des Studiums weitergehen wird, weiß die junge Frau noch nicht; sie hat in Deutschland und in Ägypten Wurzeln. Ihr Urgroßvater mütterlicherseits mit namens Schulze wanderte in den 1920er Jahren nach Ägypten aus, als sich ein Erstarken der Nazis in Deutschland abzeichnete. Doch ging der Kontakt nie verloren, zumal es in Kairo eine große deutsche Kolonie gab und gibt.


Mira Gayed

Seit gut einem Jahr singt Mira Gayed im Sopran des Philharmonischen Chores Schwäbisch Gmünd und freut sich auf das Jubiläumskonzert am 6. Mai. Auf dem Foto links von ihr Anna Luise Wespel, die kürzlich beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ im Fach Gesang einen ersten Preis errang, und ganz links Sarah Enneper.